Im CYP-Bildungskonzept steht, dass Lernen „nicht als Vermittlung von Fachwissen“ aufgefasst wird, sondern als „einen individuellen, selbstgesteuerten und ganzheitlichen Wissensaneigungsprozess“ verstanden wird. Diese Auffassung führt zu einem neuen Rollenverständnis der Lehrperson. Wird im traditionellen Rollenbild der direkten Instruktion die Lehrperson als „StoffdarstellerIn“ verstanden, wechselt ihre Rolle im erweiterten Rollenverständnis der indirekten Instruktion. In diesem Modell wird die Lehrperson als „LernhelferIn“ wahrgenommen, die den Lernenden beratet und auch als Coach fungiert.
Diese Auffassung von Lernen und von der Rolle der Lehrperson hat folgend auf das gesamte Ausbildungskonzept. So konnten wir bei unserem Besuch beobachten, wie die Lernenden während der Gruppenarbeit durch drei Personen betreut wurden (Teamteaching). Eine Person war der „Trainer“ (eine Person mit höherer bankfachlicher Ausbildung). Die anderen beiden Personen waren Coachs, die über ein vertiefte pädagogische respektive methodisch / didaktische Ausbildung verfügen. Die Coachs übernehmen dabei gemäss CYP-Bildungskonzept folgende Rollen:
- Diagnostiker und Analytiker von Lern- und Arbeitsprozessen
- Aktiver Zuhörer und Dialogpartner
- Fragensteller, „Geburtshelfer“
- Fachexperte (expertenhaftes Verhaltensmodell), Agent der Realität
- Motivator, Provokateur, Herausforderer und Förderer der besten Kräfte des Lernenden
Quelle: http://www.cyp.ch/fileadmin/upload/about_us/pdf/cyp_bildungskonzept_de.pdf |
Die beschriebene Coaching-Betreuung während der Ausbildung, wird am CYP als permanente Lernprozessbegleitung bezeichnet. Stellt nun (während diesen Phasen) ein Lernender, ein CYP-Coach/Trainer oder auch ein Ausbildner am Arbeitsplatz bei einem Lernenden lerntechnische Schwierigkeiten fest, kann ein persönliches Lerncoaching-Gespräche mit einem Coach durchgeführt werden.
Gründe für ein Lerncoaching:
Ein Coaching kann nicht nur wie oben beschrieben bei der Feststellung von lerntechnischen Schwierigkeiten initiiert werden, sondern auch bei anderen Gründen. So zum Beispiel wenn ein Leistungsabfall/Stillstand festgestellt wurde, oder wenn ein Motivationsproblem auftritt. Lerncoaching kann auch helfen die Arbeitshaltung zu verbessern, Stress/Druck abzubauen, ein besseres Selbstbild aufzubauen oder Reflexionsprozesse zu verbessern. (Quelle: Auslöser für Lerncoaching)
Das Lerncoaching-Gespräch:
Die Coaching-Gespräche sind ressourcen- und lösungsorientiert. Die Lernenden sollen angeregt werden, die während den Sitzungen gemeinsam erarbeiteten Methoden umzusetzen. Daneben soll sich auch das Selbstkonzept des Lernenden verbessern. Ein Coaching-Gespräch dauert zwischen 60 und 90 Minuten. Insgesamt werden drei Gesprächstermine vereinbart, wobei danach ein „follow up“ möglich ist.
Initiiert werden kann ein Coaching-Gespräch nur durch den Lernenden selbst. Danach wird am CYP die Anfrage geprüft und bei Zustimmung findet eine Terminvereinbarung zwischen einem CYP-Lerncoach und dem Lernenden statt. Ist am gesamten Prozess der Lehrbetrieb des Lernenden beteiligt, wird der zuständige Nachwuchsverantwortliche über beschlossene Massnahmen informiert. In diesem Fall trägt die Bank auch die Kosten für das Gespräch.
Persönliche Gedanken:
Der gesamte Ansatz, dass Lernen als Wissensaneignungsprozess verstanden wird und entsprechend in der Verantwortung des Lernenden liegt, finde ich wertvoll. Am CYP ist sehr wichtig, dass der Lernende mit dem Lernstoff aber nicht allein gelassen wird. Permanente Lernprozessbetreuung während den Kontaktveranstaltungen wird sichergestellt. Das zusätzliche Angebot von Lerncoaching-Gesprächen gibt meines Erachtens den Lernenden Sicherheit, dass sie bei Lernschwierigkeiten nicht allein gelassen werden.
Die Lerncoaching-Gespräche wirken für mich sehr leistungs- und prozessorientiert. So liegt der Hauptfokus auf dem Ausarbeiten von Methoden, die den Lernprozess verbessern. Gründe für ein Leistungsabfall liegen in diesem Alter aber oft auch bei persönlichen Problemen. Für mich stellt sich die Frage, wo hört Lerncoaching auf und wo beginnt lösungsorientierte Beratung. Viel zentraler ist vor allem die Frage, wie wird damit umgegangen, wenn seitens des CYP festgestellt wird, dass nicht ein Lerncoaching, sondern eine andere Beratung nötig wäre. Dies wird wahrscheinlich vor oder an den Sitzungen festgestellt werden. Ob der Lernende dann nicht allein gelassen wird, sondern zu einer anderen Beratung begleitet wird, oder ob auch innerhalb des Lerncoaching andere lösungsorientierte Beratung stattfindet, ist sehr unklar.
Hallo Adrian! Sehr ausführlicher Blog zum CYP-Besuch, gefällt mir gut. Ich denke, dass das CYP im Bereich "persönliche Beratung" eher weniger aktiv wird, zu wenig eng erschien mir beim Besuch die Bindung bzw. das Verhältnis zwischen Coach und SuS. ABer das ist nur meine Meinung :-) falls du mich übrigens verlinken möchtest, meinen BP-Blog findest du hier: http://rolandschreiber2.wordpress.com/
AntwortenLöschenHallo Adrian,
AntwortenLöschenEtwas spät, mein Kommentar zu deinem CYP-Eintrag. Aber lieber spät als nie, nicht wahr? :-) Deine persönliche Meinung zum Lerncoaching habe ich mit grossem Interesse gelesen. Du hast Recht; was von Aussen so vorbildlich und fortschrittlich wirkt, weist von Nahem tatsächlich ein paar Schwächen bzw. Unklarheiten auf. Ich habe mich nämlich auch gefragt, inwiefern die "Lerncoaching-Bedürftigen", unter anderem also unmotivierte, unselbstständige, schlecht organisierte SuS, die sich vielleicht auch schlecht selbst einschätzen können, wirklich in der Lage sind, die Initiative zu ergreifen und ein solches Gespräch in die Wege zu leiten. Oftmals mangelst es doch gerade bei diesen Lernenden an Einsatzwille.
Was bei persönlichen Problemen -fernab von "herkömmlichen" Lernschwierigkeiten- unternommen wird, würde mich auch interessieren...